Es gibt Tage, da fängt das Leben nicht neu an, aber es setzt sich neu zusammen. Der Umzug in den Van ist kein Ereignis, sondern ein Prozess – ein langsames Schichten von Kisten, ein leises Ordnen der Gedanken. Tag 6 bis 9 markieren genau diese Phase. Ich beginne, mich einzurichten – nicht nur physisch, sondern auch innerlich. Vier Kisten stehen inzwischen im direkten Zugriff. Noch kein Regalsystem, aber immerhin übereinandergestapelt wie die Ideen, die mich tragen: Improvisation, Übersicht, Loslassen.
Man kann es nicht anders sagen: Der Juni ist meine Konsolidierungsphase des Vanlebens. Pfingsten war nass, fast biblisch. Und doch – ich habe es gut überstanden. Ich war in Schlagsdorf, an einem Ort, der leiser wirkt, als seine Geschichte erzählt. Dort, wo einst der Stacheldraht Menschen teilte, blühten Kornblumen im Sonnenspot zwischen zwei Regenschauern. Das Titelbild ist dort entstanden. Es war ruhig. Und es war kalt.

Schlagsdorf ist einer dieser Orte, die nicht schreien, aber alles sagen. Ein deutsches Gedächtnis, das man nicht vergessen sollte. Ich empfehle diesen Platz nicht über Park4Night – sondern aus Überzeugung. Vielleicht sollten wir alle, einmal im Leben, an diesem Grenzmuseum stehen. Die Türme sehen. Die Zäune. Den Irrsinn des Getrenntseins.
Und vielleicht, gerade jetzt, in Zeiten, in denen rechte Spalter-Parteien mit freundlichem Gesicht und geschichtsvergessener Sprache wieder anfangen, Mauern in die Köpfe zu setzen, sollten wir uns fragen:
Wollen wir das wirklich nochmal?
Wollen wir wieder Schießanlagen? Bespitzelung? Wachtürme mit Menschen oben drauf, die nicht wissen, warum sie dort stehen?
Ich nicht!
Ich will keine Trennung – nicht in Menschen, nicht in Regionen, nicht in Meinungen. Ich bin froh, dass Mecklenburg und Schleswig-Holstein, Ost und West, heute verbunden sind. Dass wir dieselbe Sprache sprechen, auch wenn unsere Geschichten unterschiedlich geprägt wurden. Der Versuch der DDR, den Kommunismus mit Kontrolle zu rechtfertigen, ist gescheitert – nicht, weil der Gedanke von Solidarität schlecht war, sondern weil er in einen Käfig gesteckt wurde. Wer mit Misstrauen beginnt, endet nicht in Freiheit. Sondern in Beton.

Wir können auf alten Gedenktafeln nachlesen, was in jener Zeit gewesen ist. Und wir können – nein, wir müssen – für uns den Schluss ziehen, dass wir genau das, was dort beschrieben wird, nicht wiederhaben wollen.
Ich war gerne in Schlagsdorf. Und ich bin auch gerne unterwegs in Mecklenburg-Vorpommern.
Und ich möchte, dass das so bleibt.

Tag 8 war still. Ich war in Travemünde, habe sortiert, geräumt, geschichtet. Das Chaos, das ich trage, hat sich ein wenig gesetzt. Und an Tag 9 kam Bewegung: Eine alte Dame, die nach Travemünde zurückwollte, brauchte Hilfe. Paul, mein Van, war bereit. Ich habe sie gefahren, ihre Kisten getragen, war Chauffeur und Helfer – und wurde belohnt: mit etwas Geld, mit Dankbarkeit, mit einem Tag, der Sinn hatte. Auch wenn es kalt war und der Regen wieder quer stand.
Heute ist Tag 10. Und ich kann nicht klagen.
Die Familie fragt nach Wohnungen. „Man braucht doch Sicherheit“, heißt es.
Mag sein. Aber gerade jetzt – im Sommer, im Licht, im Leben – brauche ich sie noch nicht. Ich bin nicht so alt, dass ich zurück muss. Und ich habe ein Backup. Doch vorerst lebe ich im Paul. Nicht weil ich muss, sondern weil ich will.
Dieser Bus ist mein Raum geworden. Nicht perfekt, aber echt.
Nicht groß, aber ausreichend. Nicht abgeschlossen – aber offen. Es gibt nicht viel, was man wirklich braucht und das Wenige, das man wirklich braucht, findet langsam seinen Platz. Ordnung ist das halbe Leben so sagt man ja das ist ok und das gilt auch für den Menschen, der in einem Kastenwagen lebt, Van Life be bedeutet nicht faul am Strand zu liegen und alles macht sich von alleine den Kastenwagen ist mein Haus genau wie meine Wohnung und ich muss dort genauso aufräumen wie ich das in dem Alten zu Hause habe tun müssen.